Igor ist weggelaufen!

Vor 6 Wochen fand mein Vater im Garten einen kleinen, völlig entkräfteten Igel. Er nannte ihn Igor, setzte ihn in eine Kiste mit altem Laub, kaufte Futter, suchte Informationen über Igel und baute ein großes Freigehege. Laut Fachinfo schaffen es Igel ab 500 Gramm Körpergewicht alleine durch den Winter. Igor wog ca. 260 Gramm. Dank eines Igelspezialfutters, das fürchterlich stank und Katzenfutter erholte sich Igor schnell und nahm rasch zu. Nur das Gehege nervte ihn, er suchte nachts die Wände nach Lücken ab, ging quiekend schlafen, weil es keine Lücken gab. Vor einer Woche knackte Igor die 500 Gramm Grenze und durfte in den Holzschuppen umziehen, wo er deutlich mehr Platz hatte. In der ersten Nacht grub er sich ins Freie und seitdem ist Igor on the road.

Mir kam die Idee, wie oft wir in unserem Leben Projekte auf Zeit haben. Manchmal tauchen plötzlich Dinge auf, die uns herausfordern. Eine Hilfsaktion für eine Freundin, der es schlecht geht, ein neuer Auftrag im Job, der Ideen und Energie kostet. Also los, Infos sammeln, „Futter kaufen“ und ein „Gehege bauen“ im übertragenen Sinn. Nicht alles gelingt uns auf Anhieb, wir machen Fehler, lernen dazu.
Irgendwann endet das Projekt, der Freundin geht es besser, der Auftrag ist erledigt, selbst wenn wir uns inzwischen an eine Helfer-Rolle gewöhnt haben. Jetzt heißt es, locker bleiben, loslassen und durchatmen. Ich fragte meinen Vater, ob er traurig sei, dass Igor weg ist. Zuerst sagte er Nein, überlegt kurz und meinte dann, doch, er sei ein bißchen traurig. Darf er auch.

Conny

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