Ich bin noch nie in Halle gewesen. Mein erster Weg in dieser Stadt führt mich ins Paulusviertel zur Synagoge. Hier hat am 09.10.19 ein 27-jähriger Mann mit selbstgebauten Waffen scharf geschossen. Er wollte zum jüdischen Versöhnungsfest "Jom Kippur" in der Synagoge soviele Menschen wie möglich töten. Er konnte die Eingangstür nicht überwinden und erschoss stattdessen eine 40-jährige Frau auf dem Gehsteig und einen 20-jährigen Mann in einem Dönerimbiss. Bei allem wähnte sich der Täter als Hauptdarsteller vor einem bizzaren Internetpublikum.

2 Tage später bin ich hier. In einer ruhigen Nebenstraße, wie es sie in jeder größeren Stadt gibt. Die Gewöhnlichkeit des Stadtviertels steht in merkwürdigem Kontrast zu dem, was passiert ist und zu dem, was der Täter sich vorgenommen hatte. Der Fußweg hinter der Polizeiabsperrung ist noch blutverschmiert. An der Eingangstür zur Synagoge befinden sich zahlreiche Einschusslöcher. Und eine Vielzahl von Blumen und Kerzen zeigen die Betroffenheit und Anteilnahme all derer, die sich auf den Weg gemacht haben.

Ich bekomme das starke Bedürfnis mich auch mitzuteilen, mein Mitgefühl auszudrücken, aktiv zu werden, etwas entgegen zu setzen. Im nahe gelegenen Blumenladen, drängen mir sich 5 großgewachsene, prächtige "weiße Rosen" nahezu auf; genauso wie ein Leitspruch der Geschwister Scholl: "WIR SCHWEIGEN NICHT!" Beides lege ich vor die zerschossene Eingangstür der Synagoge in Halle.

Und mal wieder habe ich den Eindruck, dass wir unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung zu keinem Zeitpunkt leichtfertig denen überlassen können, die sich Macht und Geltung anmaßen; schon gar nicht Ideologen, Populisten und Brandstiftern.

In der Bibel heißt es: "Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst (Jak 2,22)." Gott schenke uns Weisheit für heilsame Worte und Taten!
Shalom! Salam aleikum!

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